Altchina



Konfuzius



Liebesgedichte Altchina Frühlingsfest

Gebrochen ist das Eis
Die Flüsse fließen frei,
Die Flüsse Tschin und Wei,
Und Fraun und Männer tragen grünes Reis.

Die Maid spricht: ob ich gehe,
Dass ich ihn seh im Tal?
Der Jüngling spricht: ich gehe,
Dass ich sie seh einmal!

Drüben überm Wei am Fluss
Findet sich mit trautem Kosen
Knab und Maid im Frühlingskuss,
Schmücken sich mit Tuberosen.

Singen Frühlingslieder,
Weil die Rosen blühn,
Sinken kosend nieder
Arm in Arm ins Grün.

Konfuzius (Kong-fu-tse), um 550 v. Chr.
Übersetzer: Friedrich Rückert, 1788-1866



Erfahrung

Eh die Maulbeerblätter fallen,
Sind sie lieblich bunt zu schauen,
Wenn sie streben zu gefallen,
Sind dem Falle nah die Frauen.

Konfuzius (Kong-fu-tse), um 550 v. Chr.
Übersetzer: Friedrich Rückert, 1788-1866



Mei-Scheng



Das Haus am Bach

Am Ufer zieht grüner Rasen sich hin,
Die Weidenruten stehn schlank und dünn.
Eine Frau im leuchtenden Gewand
Steht sinnend an offenen Fenster Rand.
Die Rosen ihrer Wangen glühn,
Und weiß die üppigen Arme blühn.
Einst eine Sängerin voller Glanz.
Heut lustiges Weib eines Lebemanns.
Du, Alter, musst hübsch wachsam sein,
Sonst ist dein Glück nicht von Dauer.
Und bald ist das lustige Vögelein
Entwischt aus dem goldenen Bauer.
Drum lieg auf der Lauer
Und hüte sein!

Mei-Scheng, um 200 v. Chr.
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934



Hieh-k-oh



Das schöne Mädchen am Wege

Welch schönes Mädchen! Vom Maulbeerbaum
Pflückt sie die Blätter - doch nein,
Sie fliegen von selber (ist es ein Traum?)
Ihr in das Körblein hinein.

Wie weiß ihre Hand! und ein goldener Ring
Den Knöchel ihr zierlich umschmiegt.
Auf ihrem Haarkamm ein Schmetterling,
Als ob er sie neckend umfliegt.

Der Wind hebt das Röckchen leicht,
Als wär es im Teiche die Welle . . .
Der Wandermann, der vorüberstreicht,
Steht wie gebannt auf der Stelle.

Er will, mag müd er und hungrig sein,
Von Rast und Speise nichts wissen,
Ja könnt er ruhen im Arm ihr fein
Und am Munde satt sich küssen!

Hieh-k-oh, um 220-265 n. Chr.
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934



Hsü-Ling



altes China Liebesgedichte Morgenlied

Es rauscht der seidene Vorhang sacht,
Matt brennt des Lämpchens gelber Schein -
nur eine Nacht, nur eine Nacht,
Mein Lieb; o könntens tausend sein!

Kaum ist die Milchstraß zu erspähn,
Da hör ich, ach! ich armer Mann,
Den allerfrechsten Hahn schon krähn
Von unserm ganzen Dorf Ju-Nan.

Hsü-Ling, um 550 n. Chr.
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934



Li-Tai-Pe



Die Verliebten

Am Kaiserpalast regt leis der Wind die duftenden Lotosblüten,
Auf höchster Terrasse der König ruht, den Wachen bewaffnet umhüten.
Es tanzt vor seinem Angesicht Si -Schi, die schönste der Frauen:
Wie Silber ihr Knie, wie die Sonne ihr Aug, die Brüste wie Schnee zu schauen.
Sie lächelt wollüstig; beim Tanze heiß den König Fu - Tschai betrachtend,
sie sinkt vor ihm nieder, er fängt sie auf, drückt ans klopfende Herz sie schmachtend.

Li-Tai-Pe, um 702-763 n. Chr.
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934






Jan-Tsen-Tsai



Liebchens Vorwurf

Ich sitze über ein Buch gebeugt, ich habe vertieft mich und verträumt,
Das Feuer erlosch, kalt ists im Gemach, ich habe Bett und Schlaf versäumt.
Die schöne Freundin, die bei mir ist, fühlt endlich ihren Zorn entfacht,
Sie reißt die Lampe vom Tische fort, denn längst schon hat sie das Bett gemacht,
Und fragt mich: Lasest du nun genug? Und weißt du nicht, wie spät es ist?
Das nenn ich einen wackern Mann, der über dem Lesen das Lieben vergisst!

Jan-Tsen-Tsai, 1716-1797
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934