England
Robert Burns
Der Kummer macht das Leben schwer,
Ihm ist nicht zu entrinnen, o!
Und gäb es keine Mädchen mehr,
Was wollten wir beginnen, o!
Der Geizhals, der nach Reichtum läuft,
Sieht keine Blumen sprießen, o!
Und was er auch zusammenhäuft,
Er kann es nicht genießen, o!
Ich will ein Lieb beim Tagesschluss,
Und statt mit Geld zu geizen, o!
Wie schwelg ich da im Überfluss
Von allen ihren Reizen, o!
Mich sieht manch Weiser an mit Hohn,
Der doch ein Tor geblieben, o!
Denn pflegte nicht Freund Salomon
Die Mädchen schon zu lieben, o!
Als Lehrlingsarbeit gab den Mann
Die Schöpfung aus den Händen, o!
Um als ihr Meisterstück sodann
die Mädchen zu vollenden, o!
Robert Burns, 1759-1796
Übersetzer: Heinrich Leuthold, 1827-1879
O wär mein Lieb ein Fliederbusch
In lenzdurchwehter Blütenpracht,
Und flög ich, als ein Vögelein, husch,
Zu ruhn in seiner Blätternacht!
Wie trauert ich, würd ich ihn bleich
Und welk im Herbst und Winter sehn!
Wie säng ich, säh ich blütenreich
Ihn wiederum im Mai erstehn!
O wär mein Lieb die rote Ros,
Die keck empor am Schlosswall klimmt,
Und würde mir des Tropfens Los,
Der im betauten Kelche schwimmt!
In ihrer Schönheit lustentflammt
Durchschwelgt ich dann die ganze Nacht,
Geschmiegt an ihrer Blätter Samt;
Und stürbe, wenn der Tag erwacht.
Robert Burns, 1759-1796
Übersetzer: Heinrich Leuthold, 1827-1879
Thomas Moore
Wenn durch die Piazzetta
Die Abendluft weht,
Dann weißt du, Ninetta,
Wer wartend hier steht.
du weißt, wer trotz Schleier
Und Maske dich kennt,
Wie Amor die Venus
Am Nachtfirmament.
Ein Schifferkleid trag ich
Zur selbigen Zeit,
Und zitternd dir sag ich:
"Das Boot liegt bereit!
O, komm! Jetzt, wo Lunen
Noch Wolken umziehn,
Lass durch die Lagunen,
Mein Leben uns fliehn!"
Thomas Moore, 1779-1852
Übersetzer: Ferdinand Freiligrath, 1810-1876
Willst kommen zur Laube, so schattig und kühl?
Da dienen uns Rosen voll Taues zum Pfühl.
Willst du! willst du, willst du, willst du kommen, mein Lieb?
Da ruhst du auf Rosen wohl unter dem Strauch,
Errötend die Wänglein, doch Lächeln im Aug.
Willst du! willst du, willst du Lächeln, mein Lieb?
Doch röter als Rosen, mein Lieb, ist dein Mund,
Und süßer als Tau ist dein Küssen zur Stund.
Willst du! willst du, willst du, willst du Küssen, mein Lieb?
Und, o, dann der Freuden, die süßer, fürwahr,
Als Tau und als Rosen und Küsse sogar!
Willst du! willst du, willst du, willst du
Willst nicht, mein Lieb?
Thomas Moore, 1779-1852
Übersetzer: Ferdinand Freiligrath, 1810-1876
Wenn jeder, die ein Sonnenkind,
In Aug und Busen Feuer wohnt,
Dann sind, die so dich nennen, blind -
dich sandte nur der bleiche Mond!
Und dennoch, zündend bliebe kalt
Dies Auge, feurig, süß und licht?
Ihr Lippen, die ihr purpurn wallt,
Euch ziemt Dianas Siegel nicht!
O, einen Strahl der Sonne nur,
Die deines Ganges Fluten kocht,
Zu wandeln dich, du Lichtnatur,
In alles, was mein Herz erpocht!
Ha - plötzlich lodern dich zu sehn
In deiner ganzen glühnden Pracht,
Und dann im Brande zu vergehn,
Den ich doch selber angefacht!
Thomas Moore, 1779-1852
Übersetzer: Ferdinand Freiligrath, 1810-1876
Lord Byron (George Noel Gordon)
(Die mich fragte, weshalb ich England verlasse)
Als einst der Mensch an Edens Tor
Noch zögernd stand und jeder Blick
Ihn mahnt an das, was er verlor,
Da sucht er trostlos dem Geschick.
Dann, weiterwandernd, nach und nach
Vergaß er seines Grimmes Last;
Er seufzte noch ein langes Ach!
Und fand in rüstigem Ringen Rast.
So, Teure, geht es auch mit mir:
Ich muss vor deinen Reizen fliehn,
Solang ich zögere bei dir,
Solange seufz ich auch um ihn.
Im Fliehn ist Weisheit; ich entgeh
Der Schlinge der Versucherin.
Wenn ich mein Eden täglich seh,
So wünsch ich auch, ich wäre drin.
Lord Byron (George Noel Gordon), 1788-1824
Übersetzer: Otto Gildemeister 1823-1902
Ursprung der Liebe? - Ach, wozu
Soll ich dem Folterer Antwort geben?
In hundert Augen liesest du:
Wenn sie dich sieht, springt sie ins Leben!
Doch soll ich dir ihr Ende sagen?
So spricht mein Herz, so ahnt mein Sinn:
Lang wird sie still ihr Weh ertragen,
Doch leben - bis ich nicht mehr bin.
Lord Byron (George Noel Gordon), 1788-1824
Übersetzer: Otto Gildemeister 1823-1902
Alfred Tennyson
Nie hob sich der Gazelle Bau,
Wie du, so zierlich doch! -
"Gib acht, sonst trifft mein Springetau
Dich an den Schädel noch!"
Wie schwingt sich leicht dein Springetau,
Wie fliegst du elfengleich! -
"Geh, scher dich, Esel, alt und grau,
Und seufze nicht so weich!"
Ach, Liebste, werde meine Frau,
Sonst sterb ich, armer Mann! -
"Da, alter, nimm mein Springetau
Und häng dich auf daran!"
Alfred Tennyson, 1809-1892
Übersetzer: Richard Zoozmann, 1863-1934